Übung

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In diesem Artikel geht es um das Üben im Unterschied zum Lernen und basiert auf Datei:Info-Warum GfK-Uebungsgruppen.pdf

Warum überhaupt GfK-Übungsgruppen?

Marshall Rosenberg sagt, dass für die meisten Menschen die GfK wie eine Fremdsprache ist. Es gibt spezifische Prozesse, ungewohnte Vokabeln und auch eine andere Art mit den eigenen Gedanken und Gefühlen umzugehen. Das ist sehr ungewohnt und bedarf der Übung.

Das Problem

Es genügt nicht, sich rein theoretisch (lernen) mit der GfK vertraut zu machen. Es ist sogar weitgehend nutzlos das zu tun. Die GfK ist keine abgehobene Philosophie, sie ist eine Lebensart für unsere tägliche Praxis des Miteinander.

Die Erfahrung zeigt, dass die meisten GfK-Anfänger mit ihren ersten Versuchen der Anwendung geradezu kläglich scheitern, selbst wenn es sich um ganz einfache Angelegenheiten zu handeln scheint. Und als Ungeübter einen ernsten Konflikt - wie z.B. eine Ehekrise - zu meisten, ist völlig unmöglich. Warum ist das so? Weil man nur anwenden kann, was man gelernt hat. Die theoretische Kenntnis ist nur der erste Schritt des Lernens.

Ein Beispiel: Ein körperlich untrainierter und schüchterner Junge besucht eine Judo-Schule. Er hat ein gutes Buch über Judo gelesen, das ihn dazu inspiriert hat. Er hofft, seine Situation dadurch zu verbessern. Könnte er jetzt einen Wettkampf bestehen, oder gar einen aggressiven Angreifer abwehren? Nein. Warum nicht? Weil er über keinerlei Übung verfügt. Er besitzt weder den Mut, die Entschlossenheit noch die Kraft dazu. Was er jetzt brauch ist ein erfahrener, geduldiger Lehrer und gutwillige Übungspartner vor denen er keine Angst zu haben braucht und viel Zeit um Fehler zu machen, machen zu dürfen. Er braucht kleine Übungserfolge und Ermutigungen. Außerdem braucht er Durchhaltevermögen, Selbstdisziplin und Demut.

Es prinzipiell ist nicht möglich eine Form der Konfliktbewältigung im belastenden und überfordernden Kontext des akuten Konfliktes gleichzeitig zu lernen und erfolgreich anzuwenden.

Elemente der Problematik

Wenn man mitten im Konflikt versuchen würde, sich in GfK zu üben hat man es nicht nur mit dem ursprünglichen Konflikt zu tun hat, sondern gleichzeitig mit unverhältnismäßig vielen Erschwernissen auf einmal:

  1. Der Konflikt an sich,
  2. die aus dem ungelösten Konflikt entstehende Gefühlslage, der Affekt,
  3. die Übung in GfK,
  4. die Irritation anderer über eine versuchsweise Verhaltensänderung,
  5. der Mangel an Erfahrung mit den GfK-spezifischen Methoden der Übung.
  6. die gleichzeitige Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse und der des Konfliktpartners,
  7. die Unsicherheit über Erfolg oder Misserfolg einer nicht etablierten Methode,
  8. die Außenseiterposition / keinen Helfer

Das riecht nach Überforderung, oder?

1) Der Konflikt als Mangelsituation

Ein Konflikt entsteht meistens, wenn tatsächlich oder absehbar ein oder mehrere Bedürfnisse der Konfliktparteien nicht erfüllt werden. Daher ist der Konflikt immer eine Mangelsituation, eine Belastung.

2) Der Affekt

Wann immer unsere Bedürfnisse nicht erfüllt werden, führt das zu Gefühlen, unangenehmen natürlich. Dieser Zustand unseres Gemüts, dieser Affekt, kann uns dominieren, das rationale Denken beeinträchtigen usw. und stellt von daher einen sekundären Konflikt da, der die Lösung des primären Konfliktes zusätzlich erschwert.

3) Die Übung

Eine Übung erfordert volle Aufmerksamkeit. Darin etwas zu üben, dass man noch nicht kann, liegt eine Schwierigkeit, eine Herausforderung. Insbesondere ist es eine Schwierigkeit anzufangen etwas zu üben. Das muss nichts unangenehmes sein, ist aber immer etwas anstrengendes. Eine Übung, die nicht anstrengend ist, ist keine Übung. Nur durch Bemühen, durch Anstrengung kann Veränderung bewirkt werden. Eine unzweckmäßig gestaltete Übung kann anstrengend sein, ohne effektiv zu sein, aber auch eine optimal zweckmäßig gestaltete Übung kann nicht effektiv sein, ohne anstrengend zu sein.

4) Gewohnheitsmenschen, Gewohnheiten mit bestimmten Menschen

Die GfK wird oft benutzt um emotional festgefahrene Konflikte aufzulösen. Das sind Konflikte zwischen zwei Menschen oder Menschengruppen, die sehr starke emotionale Bezüge zueinander haben, die sich schon länger kennen und demzufolge auch feste Ansichten über einander haben und eingefahrene Gewohnheiten der Kommunikation. Das könnte z.B. eine erwachsene Tochter und ihre Mutter sein, oder ein Ehepaar, dass schon lange verheiratet ist. Es ist sehr schwer, in so eine alte Beziehung eine neue Art der Kommunikation einzuführen. Es ist zudem meistens so, dass nur eine Partei überhaupt die ehrliche Absicht hat, die Möglichkeiten der GfK zu nutzen, um eine qualitative Verbesserung der zwischenmenschlichen Beziehung zu erarbeiten.

Solche, seit Jahrzehnten einstudierte Verhaltensmuster zu durchbrechen ist wirklich sehr schwer. Und oft führt schon der Versuch etwas neues einzuführen zu einem Konflikt an sich, denn Neues, Ungewohntes, Unerwartetes, Unbekanntes erzeugt meistens Angst oder Misstrauen, besonders, wenn es an gewohnten Plätzen auftaucht. Ja, wenn die Veränderung dazu führen würde, dass das passiert, was man sich schon immer gewünscht hatte ... aber das tut sie so gut wie nie. In der ersten Übungs-Phase kommt der GfK Übende mehr zu sich selbst. D.h. er ist weniger manipulierbar. Das ist meist nicht, was sich das Gegenüber wünscht. Andererseits ist man selber die Person mit der man die längsten und festesten Gewohnheiten hat. Daher ist es besonders schwierig Konflikte mit sich alleine zu bearbeiten.

5) Ein neuer Übungsweg

Nicht nur habe ich die GfK-Fähigkeit noch nicht entwickelt, ansonsten es ja keine Notwendigkeit zur Übung gäbe, auch kenne ich den GfK-Übungsweg, die Methoden der Übung noch nicht. Aller Anfang ist schwer. Ich weiß, wie man Vokabeln paukt, wie man für einen Langlauf trainiert, und worauf ich achten muss, damit meine tägliche Meditation nicht vergebens ist. Aber wie übt man einfühlsame Kommunikation? Worauf muss man dabei achten? Welche Art zu üben ist effektiv, welche Zeitverschwendung und welche nur frustrierend?

6) Gleichzeitigkeit beider Parteien

Wenn ich Vokabeln lerne, laufen übe oder meditiere, habe ich es im Wesentlichen nur mit mir selber zu tun. Aber an Konflikten sind üblicherweise zwei Parteien beteiligt. Das verdoppelt den Schwierigkeitsgrad noch einmal. Spätestens bei echten GfK-Übungen lerne ich, wie wichtig es ist, zuerst für mich selbst gut zu sorgen. Aber eben nicht nur für mich selbst, nur zuerst.

7) Anti-konventionell

Wenn ich Vokabeln lerne oder laufen, dann habe ich vorab bewährte Maßstäbe, an denen ich meinen Erfolg meist sogar sehr zeitnah und in verhältnismäßig überschaubaren Abschnitten überprüfen kann. Aber woher weiß ich, wie gut ich in der GfK voran gekommen bin? Ist das jetzt ein Fortschritt oder nicht, wenn mich mein Konfliktpartner ungläubig anschaut? Wer soll mir die Maßstäbe dafür vermitteln, zumal mein soziales Umfeld i.d.R. nicht GfK-kompetent ist und es zudem es selbst unter denen, die meinen mit GfK zu tun zu haben, etliche „Theoretiker“ und Möchtegerne gibt, die ich, weil ich selbst Anfänger bin, noch nicht so gut von den Könnern unterscheiden kann?

8) Außenseiterposition

Zudem verhält sich meine Umwelt meistens nicht kooperativ. Wenn ein Kind schreiben lernt, werden fast alle dafür sein. Jeder wird sagen: „Ja, mach' das, das braucht man im Leben!“ Viele werden bereit sein, die Übung des Kindes in dieser anerkannten Kulturtechnik zu unterstützen. Das Kind soll sich dahin entwickeln, wo die Älteren in der Gesellschaft, wo die Mehrheit schon ist. Das macht es natürlich viel leichter. Aber im Falle der GfK wollen wir uns dahin entwickeln, wo die Mehrheit schon lange nicht mehr ist, schon seit Jahrtausenden nicht mehr. Wir arbeiten und üben also gegen den z.T. sogar erklärten Widerstand der Mehrheit. Es wäre wirklich sehr dumm zu glauben, man könne das zudem "life" mitten in der belastenden Konfliktsituation tun, ohne gleich in die alten Muster zurück zu fallen, die wir uns zu unserem vermeintlichen "Schutz" antrainiert haben.

Die Lösung

GfK-Übungsgruppen gibt es, damit man mit sogenannten Gleichgesinnten, mit Leuten, mit denen man nicht im Konflikt ist, in ruhiger und entspannter Atmosphäre Übungen machen kann, die die eigene Kompetenz in der Anwendung der 4 Schritte nach und nach entwickeln helfen. Speziell die Phase der Selbsteinfühlung verlangt ein hohes Maß an Offenheit, die nur in einer Atmosphäre des allseitigen Vertrauens an den Tag gelegt werden kann. Im Sinnes des dafür aufzubauenden Geschuetzten Raumes ist es daher erforderlich, dass der Konfliktpartner, also die Person, mit der man einen Konflikt hat, abwesend ist. Das ist eine dewiki:condicio sine qua non. Andere Bedingungen oder Regeln müssen sich ihr unterordnen, sich aus ihr ergeben.

Warum nicht alleine üben?

Speziell für die ersten eigenen GfK-Übungen ist es am erfolgversprechendsten in einer Gruppe von gegenseitig unabhängigen, einander wohlwollenden, hoffentlich wenigstens teilweise erfahreneren und vor allen Dingen auch selbst an der Haltung der GfK interessierten Menschen zu üben, mit denen wir noch keine emotionalen Desaster erlebt habe, über die wir uns noch keine festen Ansichten oder Vorurteile gebildet haben, die gemeinsam mit uns, neugierig und spielerisch an dieses hochinteressante Thema heran gehen wollen.

Eine ehrliche zweite Meinung

Einer der besonders hilfreichen Aspekte einer GfK-Übungsgruppe ist der Umstand, dass sich die meisten Teilnehmer erst in der Gruppe kennen lernen und vordem noch keinen Kontakt zueinander hatten, also auch keinerlei Abhängigkeiten zueinander aufgebaut haben. Abhängigkeiten, seien es hierarchische oder gegenseitige auf gleicher Ebene, beeinträchtigen in fast allen Fällen die Offenheit und Ehrlichkeit. Wer dazu mehr erfahren will, beschäftige sich mit dem SNAFU-Prinzip. Offenheit ist ein sehr wichtiger Aspekt der Gewaltfreien Kommunikation.

Manchmal ist man sich selbst der ärgste Feind

Im Grunde kann man die GfK natürlich auch mit sich selbst üben, insbesondere, da der Mensch auch immer einen inneren Dialog führt und die GfK auch und gerade dort eine sehr positive Wirkung entfalten kann. Aber andererseits ist der Mensch mit dem wir den inneren Dialog führen, ein uns sehr bekannter Mensch, mit dem wir die älteste Beziehung überhaupt haben, über den wir die festesten Ansichten haben und der im Grunde für alles "schlechte" verantwortlich zu machen ist, das uns jemals zugestoßen ist. Mit keinem anderen Menschen haben wir derart feste Kommunikationsgewohnheiten, wie mit uns selbst. Wir sind für uns selbst der schwierigste Übungspartner, den es gibt.

Rollenspiel

In Rollenspielen können psychologisch und kommunikativ ausgerichtete Übungen besonders wirkungsvoll gemacht werden. Dazu braucht man mehrere Teilnehmer. Dabei steht Rollenspiel nicht nur dafür, dass andere Teilnehmer zu Übungszwecken z.B. die Rolle des Konfliktpartners übernehmen, sondern insbesondere auch dafür, dass die Rolle eines nicht anwesenden Experten auf mehrere Teilnehmer aufgeteilt wird, um die gleiche Wirksamkeit zu erzielen, ohne einen Experten zu benötigen.

4 Augen sehen mehr als zwei

Und 10 Ohren hören auf so unterschiedliche Art, dass kaum noch jemand die Chance hat, sich selbst etwas vor zu machen, wie das bei der Übung - nur mit sich selbst - leicht passieren kann. Zu leicht kann man sich sagen: "Aber, ich habe doch alles richtig gemacht, habe die 4 Schritte eingehalten usw. Der Fehler liegt einfach bei meinem Gegenüber, der kooperiert einfach nicht!!" Die Gruppe wird Dir schon erläutern, was schief gelaufen ist, und warum es so gekommen ist, wie es kommen musste. Und mit der Hilfe der anderen wirst Du lernen, wie Du es besser machen kannst. "Our goal is not to become perfect, it is to become progressively less stupid." MBR ;-)

Termin mit Regelmäßigkeit und Wiederholung

Jede Übung ist ein Kampf gegen das Vergessen, Verlernen und die Erosion. Regelmäßigkeit ist da sehr hilfreich. Immerhin leben wir in unserem Land „unter Wölfen“ und sind durch sie starken erosiven Kräften ausgesetzt. Sich regelmäßig unter die anderen Lern-Giraffen zu begeben, schafft einen erholsamen Ausgleich für das Gemüt. Der normativen Kraft des Faktischen wird die Inspiration durch das Exemplarische entgegen gestellt, wieder und wieder. Die dewiki:Dominanzkultur hat Jahrtausende unser Wertesystem geprägt. Bis wir diese Spuren in uns getilgt und gegen etwas besseres ersetzt haben, ist es noch ein sehr langer Weg, wahrscheinlich über viele Generationen. Die Übung der GfK ist keine Angelegenheit von Wochen oder Monaten, sondern von Lebenszeiten. Wenn man also 2 Mal in der Woche ins Fitnessstudio geht, um keinen Speck anzusetzen, warum nicht auch einmal in der Woche zur GfK-Übungsgruppe, um den Wolf abzuspecken und die Giraffe zu füttern?

Wenn man nur für sich selbst übt, bleibt es oft bei den guten Vorsätzen, denn es gibt ja sooo viel zu tun. Aber ein regelmäßiger Termin mit anderen Leuten ist eine gute Gelegenheit aus dem Alltagstrott heraus zu kommen und sich mal wieder ganz auf die GfK zu konzentrieren, ohne Ablenkungen.

Arbeitsteilung

Wenn man ein großes Problem hat, bewältigt man es am besten, indem man es in mehrere kleinere Teile teilt und diese einen nach dem anderen bearbeitet. Oder man teilt sich die Arbeit, indem mehrere Personen an der gleichen Sache arbeiten, am besten arbeitsteilig, sich spezialisierend. Die Arbeit im Team macht außerdem meist mehr Spaß als alleine. Damit überwindet man nicht nur die kleinen Anfänger-problemchen, sondern auch größere, ernstere Probleme.

GfK-Übungsgruppen-interne Konflikte

Dieses Dokument ist bis zum Kapitel "Warum nicht alleine üben?" Voraussetzung zum Verständnis des folgenden Infos: Gruppeninterne Konflikte. Darin wird erläutert, wie in der GfK-Übungsgruppe_B mit dem Sonderfall der gruppen-internen Konflikte umgegangen wird.