Ärgerkonstruktion: Unterschied zwischen den Versionen

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"Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der [[Zorn]] ihr dienstbar zur Hand geht." [[dewiki:Georg_Schramm|Georg Schramm]] zitiert [[dewiki:Gregor_der_Große|'''Papst Gregor''']] den Großen (*540)  
in seinem Programm "Meister Yodas Ende - Über die Zweckentfremdung der Demenz"
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in seinem Programm "Meister Yodas Ende - Über die Zweckentfremdung der Demenz"<ref>YouTube: [https://www.youtube.com/watch?v=NpEpMSiTPC0 Meister Yodas Ende] Georg Schramm 2012</ref>
  
 
== Der Bezug des Ärgers zum unerfüllten Gefühl ==
 
== Der Bezug des Ärgers zum unerfüllten Gefühl ==

Aktuelle Version vom 26. Mai 2021, 09:08 Uhr

Komponenten der Ärgerkonstruktion: (1) unerfülltes Bedürfnis, (3) Erfüller des Bedürfnisses, (4) dessen Weigerung/Unfähigkeit, (5) eigene Hilflosigkeit, (5b) alternativer Erfüller

Die Ärgerkonstruktion ist ein GfK-spezifisches Modell über Entstehung, Nutzen, Schaden und Auflösung von Ärger als Gefühl.

Gemeinsamkeiten von Ärger, Wut und Zorn

Ein paar grundlegende Gedanken über Ärger, Wut, Zorn am Beispiel des Ärgers, nach dem die Ärgerkonstruktion bekannt ist.

Ist Ärger ein Gefühl?

Ärger ist nicht direkt mit einem Bedürfnis verbunden und in Verdacht, kein echtes Gefühl zu sein. Aber Ärger ist auch kein Pseudo- bzw. Tätergefühl, es sei denn, man würde sagen: "Ich fühle mich von Dir geärgert". Es ist all­ge­mein­er Sprachgebrauch zu sagen: "Ich ärgere mich". Das ist ein Hinweis da­rauf, dass wir dieses Gefühl in Eigen­ver­antwortung erzeugen, dass wir eine Wahl ha­ben, uns zu ärgern oder nicht. Man kann Ärger auch als einen Modus Operandi betrachten, einen Zustand, der die Art unseres Handelns bestimmt. Und ganz klar kann man Ärger als Gefühl in sich wahr­nehmen. Dieses Gefühl hat mehrere Stufen der Intensität, und Ärger ist der Name für eine bestimmte Intensität die­ses Gefühls. Die meisten würden wohl die nächste Stufe in der Intensität des glei­chen Gefühls Wut nennen. D.h. Wut und Ärger unterscheiden sich nur in der Intensität, sind aber grundsätzlich das gleiche Gefühl, können sich auf die gleichen Umstände be­zie­hen und wechselweise ineinander übergehen.

"Die Vernunft kann sich mit größerer Wucht dem Bösen entgegenstellen, wenn der Zorn ihr dienstbar zur Hand geht." Georg Schramm zitiert Papst Gregor den Großen (*540) in seinem Programm "Meister Yodas Ende - Über die Zweckentfremdung der Demenz"[1]

Der Bezug des Ärgers zum unerfüllten Gefühl

Der Weg von Ärger, Wut oder Zorn zu seiner Basis, dem unerfüllten Gefühl, kann relativ lang sein und über mehrere Stufen gehen. Meistens liegt dem Ärger ein Gefühl der Hilflosigkeit zugrunde. Da aber viele Menschen das Gefühl der Hilflosigkeit schlechter ertragen können, als das Gefühl des Ärgers, entscheiden sie sich in Sekunden­bruch­teilen dafür, das Gefühl der Hilflosigkeit mit Ärger zu überlagern.

Auch Hilflosigkeit ist nicht direkt mit einem Bedürfnis verbunden. Nicht so, wie das Gefühl von Durst, von dem aus man direkt auf das Bedürfnis nach Flüssigkeit schließen kann. Im Grunde kann jedes unerfüllte Bedürfnis im Gefühl der Hilflosigkeit münden. Aber, wenn Jemand sagt, er würde sich hilflos fühlen, so kann man sich, über die Frage, welche Art von Hilfe ihm denn zupass kommen würde, dem unerfüllten Bedürfnis recht leicht annähern, weil dann als Antwort eine Strategie genannt werden würde, die wohl geeignet erscheint, das unerfüllte Bedürfnis zu erfüllen.

Die Elemente aus denen sich die Ärgerkonstruktion zusammensetzt

Ärger ist zwar ein Gefühl, aber eines, dass aus einem Konstrukt entsteht. Alle der fol­genden Elemente müssen vorhanden sein, damit Ärger entstehen kann. Fällt eines der Elemente weg, bricht das Konstrukt in sich zusammen und der Ärger lässt nach.

Das unerfüllte Bedürfnis

Ohne das unerfüllte Bedürfnis geht es nicht. Allerdings ist diese Aussage nicht absolut sondern nur subjektiv richtig. Entscheidend ist nicht, dass ein Bedürfnis unerfüllt ist, sondern dass die sich ärgernde Person das Bedürfnis für unerfüllt hält bzw. es kom­men sieht, dass das Bedürfnis unerfüllt sein wird. Hier beginnt der "konstruktive", ge­nau genommen der konstruktivistische Ansatz der Ärgerkonstruktion. Nehmen wir z.B. an, dass ein Schüler vor seiner wichtigsten Abschlussprüfung gesagt bekommt, dass sein Hund gerade seine Spickzettel gefressen hat. Die Bedürfnisse, die der Schüler sich mit dem Bestehen der Prüfung erfüllen wollte, erscheinen nun akut gefährdet zu sein. Das ist aber keine Realität, sondern eine Prognose. Es geht um die Zu­kunft, die ihrer Natur nach unbekannt bleibt, bis dass sie zur Gegenwart wird. Der Schüler kann wei­ter­hin atmen, frühstücken und hin gehen, wohin er will. Er ist noch so gesund wie vor­her und hat die gleichen Freunde und einen süßen Hund. Es geht ihm nicht wirklich schlechter als noch vor einer Minute. Aber wir können uns alle di­ver­se Szenarien vor­stellen, wie es in dem Schüler jetzt aussieht, und welche Qualen er leidet.

Die alternativlose Strategie

Wer viele verschiedene Strategien kennt, um sich seine Bedürfnisse zu erfüllen, ärgert sich seltener. Wer aber keinen Plan-B hat und sich auf eine Strategie versteift, der ist zwingend darauf angewiesen, dass sein Plan-A auch funktioniert. Noch schlim­mer ist dran, wer nicht einmal einen Plan-A hat und gar nicht weiß, was er tun soll. Allerdings wäre eine letzteres eher Grundlage für das Gefühl der Hilflosigkeit ohne die Neigung oder Möglichkeit, es mit Ärger zu überlagern. Für die Ärger­kon­struk­tion braucht man eine Strategie und jemanden, der diese Ausführen soll. Es kön­nen auch mehrere Strategien sein, so lange sie alle nicht ausgeführt werden und es so aussieht, als ob sie auch in absehbarer Zeit nicht ausgeführt werden können. So lange man sich vorstellen kann, eine weitere Strategie zu entwickeln und den Glauben daran hat, dass diese auch ausführbar sein wird, tritt der Ärger nicht auf oder bleibt schwach ent­wic­kelt. Dabei geht es ausschließlich um die eigene subjektive Sicht. Ob man tat­sächlich eine weitere Strategie hat oder entwickeln kann, ob sie tatsächlich erfolgreich aus­führ­bar ist, ist ohne Bedeutung. Was zählt ist der eigene Glaube bzw. die eigene Ver­zweif­lung.

Der einzige Erfüller

Ärger ist eine gerichtete Kraft. In der Vorstellung der sich ärgernden Person gibt es eine Person, die dafür zuständig ist, Plan-A auszuführen. Diese Person kann sie auch selber sein. Es ist ganz einfach, sich über sich selbst zu ärgern, wenn man beim Aus­führen von Plan-A versagt hat. Es genügt schon, dass man Hemmungen hat, dass man sich davor fürchtet, Plan-A auszuführen. Mann muss noch nicht tatsächlich gescheitert sein. Auf jeden Fall richtet sich der Ärger gegen eine Person, die eine Strategie aus­führen soll, dieses aber nicht tut. Eine klassische Voraussetzung ist der Zustand der Verliebtheit, weil dieser Zustand nur eine Zielperson kennt, die ihrerseits alternativ­los erscheint. Zudem hat die verliebte Person meistens gerade aufgrund dieses Zu­stan­des kein Interesse daran, nach einer alternativen Person zu suchen. Die sogenannte "Rosarote Brille" ist nämlich mit besonders großen Scheuklappen versehen. Im Falle der Verliebtheit soll das einzige Objekt der Begierde sich gefälligst auch nur und aus­schließ­lich für einen Selbst interessieren und dies möglichst auch un­miss­verständlich zum Ausdruck bringen und zwar ohne dass ihm gesagt wurde, dass man selber ver­liebt ist und wie genau dieses Interesse unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen wäre. Wenn das verliebte Mädchen also schon drei mal, wie zufällig, im Vor­bei­gehen ihr Taschentuch vor den Augen ihres Schwarms hat fallen lassen, und der blöde Stoffel hat scheinbar immer noch nichts gemerkt, dann ist das eine sehr gute Vorlage für eine Ärgerkonstruktion.

Die Weigerung des einzigen Erfüllers

Wie oben schon angedeutet, ist es wesentlicher Bestandteil der Ärgerkonstruktion, dass jemand nicht tut, was er "soll". Oder dass jemand nicht lässt, was er nicht tun "soll". Eine Politesse "soll" einen nicht aufschreiben; ein Busfahrer "soll" warten, bis man mit hängender Zunge die Station erreicht hat; der Kneipengast "soll" der Kellnerin nicht in den Po kneifen; die alkoholkranke Ehefrau "soll" sich einer Therapie unter­ziehen, und die Politiker "sollen" sich nicht nach dem richten, was ihnen die Lobbyisten hinter verschlossenen Türen einflüstern, sondern sie "sollen" ihre Wahlversprechen er­füllen und sich nach dem Wählerwillen richten. Würden die Menschen tun, was sie unserer Meinung nach tun "sollen", dann gäbe es keinen Grund sich zu ärgern. Augen­scheinlich ist der Ärger genau auf das gerichtet, was die Leute tun oder lassen "sollen". Wer sich ärgert, konzentriert sich auf eben diese Weigerung des scheinbar einzigen Erfüllers die scheinbar alternativlose Strategie auszuführen.

Die eigene Hilflosigkeit

Die letzte und unerlässliche Komponente für eine funktionierende Ärgerkonstruktion ist immer unsere eigene Hilflosigkeit. Das kann damit anfangen, dass wir uns gar nicht wirklich bewusst sind, um welches unserer Bedürfnisse es in jeweiligen Falle geht. Da ist ein Unwohlsein und wir können es nicht klar erfassen, warum es da ist. Oder wir wissen zwar, um welches unerfüllte Bedürfnis es geht, finden aber keine funk­tio­nie­ren­de Strategie, um es zu erfüllen. Das kann sich auch so darstellen, dass uns eine schein­bar funktionierende Strategie einfällt, wir aber nicht die Mittel haben, um sie aus­zuführen. Auf die Art kann man sich vormachen, man wäre zwar nicht zu dumm, aber zu arm dran, hätte halt Pech. Und wenn man jemanden findet, der "gefälligst" das "richtige" tun "sollte", es aber einfach nicht macht, dann kann die eigene Hilflosigkeit damit überspielt werden, dass man sich auf einen "Feind" konzentriert, jemand der "böse", "dumm", "faul" oder sonst wie unwürdig ist. Irgendjemand muss etwas tun und die sich ärgernde Person sieht sich nicht in der Lage, dafür zu sorgen, dass dieser Je­mand es auch tut. Diese Unfähigkeit die "zuständige" Person dazu zu bringen, das "richtige" zu tun, ist der Kern der eigenen Hilflosigkeit als Grundelement für die Ärger­konstruktion. Auch hier ist wieder die subjektive Einschätzung entscheidend. Es geht nicht darum, was wir tatsächlich könnten, sondern ausschließlich darum, was wir glauben nicht zu können.

Von dieser subjektiv empfundenen Hilflosigkeit kann der Ärger ausgehen, muss er aber nicht. Es ist auch möglich bei der Hilflosigkeit einfach stehen zu bleiben und sie zu ertragen. "Depression ist Ärger ohne Enthusiasmus." Man kann sich also ent­schei­den, statt in den Ärger in die Depression zu gehen. Solche Entscheidungen werden meis­tens unbewusst gefällt. Dennoch sind es eigene Entscheidungen in eigener Ver­ant­wortung, genau wie die Entscheidung von der Hilflosigkeit in den Ärger über zu gehen. Man kann auch den mittleren Weg gehen, der das Problem zwar nicht löst, aber die Depression umgeht: Weinen, heulen, jammern. Nicht jede Hilflosigkeit führt zum Ärger, aber jeder Ärger braucht die Hilflosigkeit als Grundlage.

Wie kann man die Ärgerkonstruktion nutzen?

Die schwierigste Frage dabei ist, ob es besser wäre, die Ärgerkonstruktion aufzulösen, oder den Ärger als Triebkraft zu be­hal­ten, im Sinne von Thomas von Aquin, der gesagt haben soll: "Der Zorn ist die gestaltende Kraft der menschlichen Zivilgesellschaft."

Der Ärger als Triebkraft des Handelns

Man kann sich sicher sein, dass es zu einer im weitesten Sinne kriegerischen Aus­einandersetzung kommt, wenn man den Ärger als Triebkraft verwendet. Mit GfK hat das dann relativ wenig zu tun. Aber, auch wenn vom Ärger angetriebenes Handeln eher zu weniger Verbindung mit anderen Menschen führt, so kann es doch zu mehr Verbindung mit sich selbst führen. Sich den eigenen Ärger zu erlauben und auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, für deren Erfüllung selbst einzustehen und eine klare Position zu beziehen kann für einen selbst auch heilsam sein, Depressionen und chronischen Krankheiten vorbeugen. Zudem kann es auch im Sinne einer Verbindung von Vorteil sein, zuerst einmal eine klare Position zu beziehen, selbst wenn es eine andere Position ist, als von anderen Leuten gewünscht:

"Machen Sie sich erst einmal unbeliebt, dann werden Sie auch ernst genommen."

Konrad Adenauer

Die Ärgerkonstruktion auflösen

Die Ärgerkonstruktion fällt auseinander, sobald man auch nur eines der 5 Element dieser Konstruktion auflöst. Der Aufbau der Ärgerkonstruktion beginnt mit dem un­erfüllten Bedürfnis. Der Abbau der Ärgerkonstruktion geschieht am Besten rückwärts, ausgehend vom Gefühl des Ärgers:

  1. Der erste Schritt besteht darin, anzuerkennen, dass man ärgerlich ist und sich bewusst zu machen, dass Ärger eine Entscheidung ist, nicht von außen kommt, sondern von innen. Außen ist der Anlass, innen die Entscheidung. Ich erkenne, dass ich es vorgezogen habe, mich zu ärgern, an Stelle das Gefühl der Hilf­losig­keit weiter auszuhalten. Diesen Schritt kann ich auch bewusst zu­rück­nehmen. Ich kann das Gefühl der Hilflosigkeit wieder zulassen und sei es nur, um mit des­sen Hilfe und auf diesem Wege zu erforschen, was ich wirklich brauche.
  2. Die eigene Hilflosigkeit könnte eingebildet sein. Bei anderen Leuten Rat suchen könnte Helfen. Einerseits könnten sie mir unmittelbar in der Sache helfen oder sie könnten mir helfen eine andere Sichtweise einzunehmen, Fähigkeiten bei mir selbst zu erkennen, die mir nicht bewusst waren. Ein vollständiger GfK - Selbst­einfühlungsprozess kann mir helfen, mich mit meinen eigenen Bedürfnisse zu verbinden, was in Folge die Möglichkeit mit sich bringt, eine GfK-gemäße Bitte an die Person zu richten, die ich für den Erfüller halte. Das kann die Reaktion des Erfüllers positiv beeinflussen, auch dann, wenn ich es selber bin.
  3. Untersuche, ob der vorgesehene Erfüller wirklich der einzige mögliche Erfüller ist, oder ob es noch weitere mögliche Erfüller geben könnte. Es wäre z.B. durch­aus möglich, dass die Person, die ich für den Erfüller halte, nur deshalb von mir als solchen angesehen wird, weil diese Person mir nahe ist, mit mir verwandt, Mit­bewohner, Mitarbeiter, Partner, jemand, den ich oft um mich habe und einzig deswegen mit meinen Wünschen oder gar Forderungen "belaste", weil es so "nahe­liegend" ist. Das führt leicht zu einer Art Abnutzung oder Über­forderung solcher Personen. Kann ich meinen Wunsch nach Unterstützung brei­ter streuen? Kann ich ihn auf mehrere Personen aufteilen, so dass jede einzelne Person nur einen Teil davon tun muss und daher leichter zusagt? Habe ich mir meinen Erfüller wirklich nach seinen tatsächlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten ausgesucht oder nur nach meinem Wunschdenken? Kann ich dem "einzig mög­lich­en" Erfüller eine Arbeit abnehmen, die mir leichter fällt als ihm, damit er für mich das tun kann, was ihm leichter fällt als mir?
  4. Ist die Strategie, das was getan oder gelassen werden "sollte", wirklich alter­nativ­los? Um das herauszufinden ist es meist notwendig, sich darüber klar zu werden, um welches meiner Bedürfnisse es sich tatsächlich handelt. Erst dann kann ich beurteilen, ob die Strategie überhaupt geeignet wäre mein Bedürfnis (effektiv/effizient) zu erfüllen. Je mehr Strategien ich finde, um so wahr­schein­licher ist die Erfüllung meines Bedürfnisses.
  5. Welches Bedürfnis steckt dahinter? Ist es wirklich unerfüllt, oder fürch­te ich nur, es könnte in Zukunft unerfüllt sein? Es ist auf jeden Fall mein Be­dürf­nis, denn es war mein Ärger. Kann ich anerkennen, dass es mein Bedürfnis ist?

Bedenke: Im Prozess der GfK-Selbsteinfühlung geht es nicht darum, das Problem zu lösen, sondern das Bedürfnis zu identifizieren und ggf. zu erhöhen!

Prävention

Alle im letzten Kapitel beschriebenen Schritte können auch vorbeugend eingesetzt werden, falls man diese Verhaltensweisen schon durch praktische Übungen ver­inner­licht hat, bevor der Auslöser erscheint. Wenn man sich also durch geeignete Übungen die eigenen Bedürfnisse bewusst gemacht hat, so fällt es leichter, den Grad der Erfül­lung im Auge zu behalten und frühzeitig gegenzusteuern, wenn Probleme auftreten.

Wenn man sich schon eine alternative Strategie überlegt und ausprobiert, wenn die Standardstrategie im Moment noch funktioniert, dann ist man vorbereitet, wenn aus irgendwelchen Gründen die Standardstrategie mal versagt.

Wenn man Aufgaben möglichst breit streut, auf viele Personen oder Institutionen ver­teilt, dann wirkt sich der Ausfall (Streit, Krankheit, Tod, Insolvenz, Umzug usw.) einer Person oder Institution nicht so stark aus. Es ist z.B. unklug, seine Mailadresse, den Internetzugang, den Festnetzanschluss und den Mobilfunkvertrag bei ein und der sel­ben Firma zu haben. Ich habe z.B meine wichtigste Mailadresse bei GMX, DSL bei Kabel Deutschland, Festnetz bei Vodafone, Webspace bei 1&1 und Mobil telefoniere ich über ALDI-Talk. In der Wirtschaft nennt man das Diversifikation. So etwas macht Mühe und zieht erhöhte Aufwände nach sich, senkt aber das Risiko. Alle meine Ver­sicher­un­gen habe ich bei der "Öffentlichen", bis auf die Rechtsschutzversicherung, die habe ich bei der DEVK, weil ich, wenn ich mal mit meiner Versicherung im Streit liegen sollte, nicht auf die Rechtsschutzabteilung eben dieser Versicherung angewiesen sein möchte. ;-)

Wenn man für die Erfüllung eines Bedürfnisses einen funktionierenden Kon­takt hat, aber dennoch auch mal jemanden anderen fragt, hat das viele Vorteile. Man lernt mehr Leute kennen bzw. lernt von bekannten Leuten andere Seiten kennen. Es fällt zudem viel leichter, so ein Ansinnen als GfK-Bitte vorzutragen und somit dem Gefragten eine echte Wahl zu lassen, wenn man auf das "Ja" nicht angewiesen ist. Oder man hat Zeit für interessante dialektische Prozesse, die möglicherweise zu qualitativen Ver­bes­ser­un­gen führen, weil man das produktive Ergebnis nicht sofort braucht. Es fördert auch das Netzwerken, denn man kann die beiden Personen, die sich offensichtlich für ähn­liche Dinge interessieren, miteinander bekannt machen. Wenn ich eine Sache schon er­folgreich praktiziere und nun jemand anderen Frage, ob er auch Lust dazu hat, dann bekommt meine GfK-Bitte auch mehr den Charakter eines Angebotes, eines Geschen­kes.

Einzelnachweise

  1. YouTube: Meister Yodas Ende Georg Schramm 2012